Sismik und Seldak – verkannte Reflexionsinstrumente
Sismik und Seldak gehören zu den Beobachtungsbögen, die das Sprachverhalten von Kindern in den Fokus nehmen. In Bayern sind diese Beobachtungsbögen, neben anderen, verpflichtend und für jedes Kind ab vier Jahren einzusetzen.
Im ersten Schritt sind die Bögen schnell ausgefüllt. Der zweite und dritte Schritt jedoch dauern und werden weniger gerne händisch durchgeführt. Inzwischen gibt es digitale Produkte, die einem diese Arbeit abnehmen, so dass man die Auswertungen schneller zur Hand hat. Anhand der Auswertung erkennt man dann, wo die Stärken des beobachteten Kindes liegen und in welchen Bereichen es noch Unterstützungsbedarf hat.
Die Bögen – ein Reflexionsinstrument für die eigene Praxis
Weniger bekannt ist, dass die Beobachtungsbögen auch Reflexionsinstrumente für die Praxis darstellen. Neben der gezielten Beobachtung, war auch dies ein Anliegen der Entwickler der Bögen.
Der vierte Schritt sollte der Reflexion dienen. Zum einen kann anhand des Ergebnisses ein Unterstützungsbedarf festgestellt und zum anderen kann anhand des Bogens die eigene Sprachpraxis überprüft werden. Dies bedeutet sich in der Selbstreflexion oder im Team mal einen Bogen zu nehmen und bei jedem Teilbereich zu überlegen, wo, in welchen Situationen, bieten wir diese sprachlichen Aktivitäten an und/oder können wir diese beobachten.
„Als-ob“ – Schreiben im Rollenspiel
Im Teilbereich Schreiben/Schrift des Beobachtungsbogens bezieht sich ein Beobachtungsmerkmal auf das „als-ob-Schreiben“ im Rollenspiel. Wenn ich als Kita jedoch keine passenden Schriftmaterialien im Rollenspielbereich fest installiert habe, zeigen Kinder kaum im Spiel ein „als-ob-Schreiben“, weil sie viellciht gar nicht von sich aus auf die Idee kommen, dass sie als Arzt auch Rezepte ausstellen könnten, als Frisörin eine Quittung für das Haareschönmachen ode eine Notiz für eine Terminreservierung.
In der Reflexion kann sich das Team überlegen, ob es zu den verschiedenen Projekten auch thematisch zugehörige Rollenspielbereiche einrichtet, mit den dazugehörigen Requisiten und passenden Schriftmaterialien. Sogenannte Literacy Center.
Reflexionen zu Grammatik und Wortschatz – sprachliche Vorbilder
Wenn wir mit Kindern reden, denken wir selten darüber nach, wie vielfältig dabei unser eigener Wortschatz ist und ob wir bestimmte grammatikalische Strukturen verwenden, die Nebensätze einleiten.
Hand aufs Herz, wenn Sie mit Kindern zusammen überlegen, welches Thema sie gemeinsam im nächsten Projekt bearbeiten wollen, haben Sie sich dann schon einmal Gedanken darüber gemacht, welchen Wortschatzreichtum Ihnen das Thema bietet? Und wie Sie diesen im Alltag, im Dialog mit den Kindern gezielt einführen und verwenden?
Lassen Sie mich das an einem Beispiel verdeutlichen. Stellen wir uns vor, Sie befassen sich in der Kita aufgrund der Aktualtität mit dem Thema „Wasser“. Sie gehen mit ein paar Kinder spazieren und gehen über ein Brücke.
Sie sehen mit den Kinder auf das Wasser, und beschreiben was Sie sehen. Welche Wörter verwenden Sie? Stellen wir uns weiter vor, Sie verwenden das Wort „glitzern“. Verwenden Sie auch die Synonyme dazu?
„Schaut mal wie das Wasser glitzert. Da spiegelt sich das Licht drin, welches den Fluß zum Leuchten bringt. Die gleißende Oberfläche blendet ganz schön in den Augen. Seht ihr wie schnell sich das Wasser bewegt? Was für ein Strudel.“
Wenn wir Kindern anhand des Beobachtungsbogens in ihrem Grammatik- und Wortschatzgebrauch beurteilen, sollten wir uns ehrlich reflektieren und überlegen, ob wir selber den Kindern im Alltag mit einem reichhaltigen Grammatik- und Wortschatzgebrauch begegnen.
Mit Wortschatzlisten die sprachliche Bildung fördern
Es lohnt sich mal miteinander im Team oder alleine zu überlegen, was sich an Wörtern in der Kita finden lässt. Gehen Sie doch mal durch Ihre Räume durch und betrachten jeden Raum für sich. Was können Sie in dem Raum alles entdecken? Wie sehen die Wände aus? Welche Farbe haben sie? Weiß, Gelb, Eierschalenfarben, Burgundrot? Was steht alles im Raum? Stühle, Tische, Schränke, Regale? Sind die Schränke hoch oder niedrig oder gibt es hohe und niedrige Schränke? Gehen die Schranktüren leise auf oder quietschen sie beim Öffnen? Gehen die Türen leicht oder schwer auf? Brauche ich viel oder wenig Kraft, um die Türen zu öffnen? Oder ist das unterschiedlich? Sieht die eine Wand vielleicht heller aus als die andere? Was können Sie an der Wand noch alles entdecken? Hat sie Risse? Oder vom Pinsel eine Struktur? Ist sie glatt oder hubelig oder eher rauh?
Überlegen Sie doch auch mal, was man alles mit den Gegenständen machen kann, die Sie im Raum sehen. Auf Stühle, zum Beispiel, kann man steigen, klettern, man kann auf ihnen sitzen, unter ihnen hindurchkrabbeln (jedenfalls durch manche), man kann mehrere Stühle hintereinanderstellen und nebeneinanderstellen. Sie werden dann wahlweise zu einem Wartezimmer, einem Zug, einem Bus, Auto, Flugzeug. Und schon ergeben sich weitere Wörter, die wir im Alltag und im Dialog mit den Kindern einfließen lassen können.
Mit Grammatiklisten die sprachliche Bildung ergänzen
Ebenso können Grammatiklisten zusammengestellt werden. Durch bestimmte Einleitungssätze zum Beispiel, wird automatisch die grammatische Struktur vorgegeben. Sie können den Kindern dadurch Haupt- und Nebensatzkonstruktionen anbieten. Zum Beispiel „Wenn – Dann“ – „Wenn wir in die Bücherei hineingehen, dann bleibt ihr bitte alle vor dem Tresen stehen.“ Oder mit dem Wort „bevor“ – „Bevor deine Mama kommt, möchte ich, dass wir die Bauecke aufräumen“ – dies sind sicherlich Sätze, die Sie im Alltag verwenden. Es ist uns meist nur nicht bewusst, dass wir Kindern damit auch ein sprachliches Vorbild sind und damit die Konstruktion von Haupt- und Nebensätzen anbieten.
Mit dem Wort „Aufgrund“ (ich gebe zu, dass ich dieses Wort fast nur im passiven Wortschatz habe und aktiv meist nur beim Bloggen verwende) begründen wir zum Beispiel Sachverhalte. Dies ist dann wichtig, wenn wir an Diskussionen teilnehmen und Fachtexte um Fachtsexte zu verstehen. Ein Beispiel: „Aufgrund des Sturms heute können wir nicht rausgehen.“
Dies sind jetzt nur ein paar Beispiele, Ihnen fallen bestimmt noch viele Wörter ein, mit denen sich Nebensätze einleiten lassen.
Sprachliche Vorbilder
Manchmal ist uns gar nicht bewusst, dass wir nicht nur Vorbilder im Verhalten, sondern auch in der Sprache sind. Je vielfältiger unser Wortschatz ist, desto reichaltiger ist unsere gesprochene Sprache, die wir den Kindern anbieten. Ebenso verhält es sich mit grammatischen Strukturen. Vielleicht haben Sie ja Lust im Team Wörter zu sammeln und diese in Ihrer Wortschatzschatzkiste zu sammeln.